Dennoch hat die Schweiz noch eine intakte Gesangstradition. An Festen, Feiern und öffentlichen Anlässen staunen wir von der Folkmusik Duenda oft über die gesangliche Qualität einer Mehrzahl der Anwesenden. Es gibt zudem eine vielfältige und lebendige Chorkultur in allen Landesteilen (gemischte Chöre, Frauen- und Männerchöre, Kinder- und Jugendchöre alle in verschiedensten Stilrichtungen, sowie Jodelchöre). Meistens tragen diese Chöre ihren Gesang in Konzerten vor. StimmVolk.ch sucht für bestimmte Anlässe die Zusammenarbeit mit ihnen. Grosse Schweizer Gesangsfeste, an welchem unzählige Chöre und andere SängerInnen teilnehmen, finden alle 7-8 Jahre statt (2008 in Weinfelden, 2015 in Meiringen). Das nächste findet 2022 in Gossau SG statt.
Es gibt bereits interessante Projekte, die das Singen von Chören in den Alltag und die Öffentlichkeit tragen:
- www.hofgesang.ch in Zürich und Bern, wo verschiedenste Chöre Höfe und Plätze in der Stadt mit ihrem Gesang beleben
- „Lörrach singt“, ein spannendes Projekt in der grenznahen deutschen Stadt von www.stimmen.com
Seit den 60er-Jahren hat sich eine kräftige Kultur neuer Dialektlieder (Chanson, Rock, Pop, Rap) entwickelt; auch im Jodel und Schlagerbereich sind viele neue „Schweizer Lieder“ geschaffen worden. Einige solcher „neuer“ Lieder haben sich zu eigentlichen Volksliedern entwickelt, die von Vielen gesungen werden, z.B. einige Chansons von Mani Matter, Rocksongs von u.a. Polo Hofer, Jodellieder verschiedenster Komponisten z.B. von Ruedi Rymann, Schlagerlieder u.a. von den Boss Buebe, das Lied „Du fragsch mi, wär i bi“ von Heidi Stucki / Hans Zulliger. Ziel von StimmVolk.ch ist es, auch solche Lieder zu singen und den Schatz neuer Dialektlieder zu erweitern, motivierend zu wirken, solch neue Lieder zu schaffen und bekannt zu machen.
Leider ist der Schatz an traditionellen Volksliedern, zumindest in der Deutschschweiz, nicht überaus gross, im Vergleich z.B. zu Irland, Schottland, England und vielen skandinavischen, slawischen und baltischen Ländern. So findet man auf Volkslieder-CDs immer wieder dieselben „Favoriten“, wie das Guggisberglied, „Stets i Truure“, Luegid vo Bärg u Tal, „Anneli, wo bisch geschter gsy“, ...
Im Freien gesungen wird noch an Sportveranstaltungen, beim Mitsingen an Rockkonzerten oder Unterhaltungsabenden im Festzelt.
Eine kräftige Tradition des Singens draussen hat sich beim Brauchtum des Altsylvesters im Appenzeller Hinterland erhalten, wo „Chlouse“-Gruppen von Männern, kunstvoll verkleidet, mit Schellen und Naturjoden (Chlousezäuerlis) von Hof zu Hof gehen. Im Appenzellerland und andern ländlichen Gegenden kann man auch immer mal wieder einen Bauer jodeln hören bei seiner Arbeit und einige Älpler pflegen noch den alten Brauch des Alpsegens, des Rufens nach Schutz und gutem Gedeihen. Es gibt bestimmt einige weitere „Singbräuche“; wir sind froh um entsprechende Hinweise.
In vielen ländlichen Gegenden hat sich das Singen / Jodeln in Restaurants noch gut erhalten, gesamthaft ist es jedoch zurückgegangen, wie uns einige Wirte bestätigten. Auch das Singen in Familie und Schule scheint in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen zu sein, dies obwohl die positiven Wirkungen auf das Lern- und Sozialverhalten von SchülerInnen mehrfach nachgewiesen wurden. Ein Forscher und Kämpfer für mehr Musik und Singen in der Schule ist Ernst Waldemar Weber in Muri/Bern, www.ewaweber.ch . Viele Menschen beklagen, dass wir im geselligen Zusammensein weniger singen und oft auch kaum gemeinsame Lieder haben, an deren Texte wir uns erinnern.
Kräftig gewachsen ist in den letzten Jahren das gemeinsame Singen von Kraft- und Volksliedern aus aller Welt, Chant- und Mantrasinggruppen. Eine Liste von Singanlass-AnbieterInnen findet sich hier. Das gemeinsame Singen ist ohne Zweifel ein grosses Bedürfnis.